Aufzugdienst Rottal passt sich dem Fachkräftemangel an:

Schutz der Mitarbeiter wichtiger als Umsatzsteigerung

 

Seit gut sechs Jahren gibt es beim Aufzugdienst Rottal ein Problem. „Wir haben zu wenig Mitarbeiter“, sagt Inhaber Christian Biller. Die Folge: Sein Team arbeitet am Limit. Deshalb hat der Firmenchef jetzt die Reißleine gezogen und sich zu einem mutigen Schritt entschieden. Um seine Mitarbeiter – allen voran die drei Aufzugmonteure – zu schonen, verzichtet er auf Wachstum und höheren Umsatz und geht einen Schritt zurück. „Wir passen uns dem vorherrschenden Fachkräftemangel an.“ Eine mutige Entscheidung in einem regionalen Markt, der laut Biller sehr viel Potential biete.

Christian Biller will als Arbeitgeber attraktiv sein. Der Firmensitz in Harham zwischen Malching und Rotthalmünster im Landkreis Passau ist vor zweieinhalb Jahren komplett neu angebaut und saniert worden. Hell, freundlich, viel Holz und Glas – eine angenehme Atmosphäre. Er legt Wert auf flexible Arbeitszeiten, ein gutes Betriebsklima, regelmäßige Coachings und flache Hierarchien. Jeder Mitarbeiter besitzt eine eigene Visitenkarte mit Foto. „Mir ist es wichtig, dass sich jeder mit seiner Arbeit identifiziert und sich als einen wichtigen Teil vom Ganzen sieht“, betont Biller. Neben Prokuristin Franziska Bronsert zählen noch drei Techniker und eine Bürofachkraft zum Stammteam.

Umso erstaunlicher, dass die langjährige Suche nach zusätzlichen Aufzugmonteuren erfolglos verlaufen ist. Dabei wurden alle Möglichkeiten ausgeschöpft – von Anzeigenschaltungen über regionale Imagekampagnen bis hin zu Veröffentlichungen auf facebook. „Von den wenigen Bewerbern hatten die meisten falsche Vorstellungen“, berichtet Biller. Da Aufzugmonteur kein anerkannter Ausbildungsberuf ist, seien Eigenverantwortung, Motivation und der Wille, etwas Neues zu lernen, gefordert. „Das ist vielen Bewerbern wohl zu mühsam“, vermutet er. Dabei wird niemand beim Aufzugdienst Rottal ins kalte Wasser geworfen. Die intensive Einarbeitungs- und Ausbildungszeit wird durch zahlreiche interne und externe Schulungen abgerundet und dauert gut zwei Jahre. Bis auf den Firmenchef selbst sind schließlich alle Mitarbeiter Quereinsteiger.

Dennoch blickt der 42-Jährige äußerst positiv in die Zukunft. „Wir nehmen Anlauf in eine Zukunft, in der mehr denn je das Wohl der Mitarbeiter und der Kunden im Mittelpunkt steht – wir wollen definitiv wieder wachsen“, betont er. Doch nicht um jeden Preis, denn dafür möchte und muss er sein Technikerteam auf vier Mitarbeiter ausbauen. „Freude im Umgang und Kontakt mit Menschen und eine handwerkliche Ausbildung, etwa Mechatroniker oder Elektroniker, sind von Vorteil“, sagt Biller. Auch für technikinteressierte Frauen biete sich der Beruf an. „Wir arbeiten wenig auf Baustellen oder im Rohbau, sondern meistens bei Privatpersonen in einem aufgeräumten Umfeld.“ Auch die körperliche Beanspruchung halte sich in Grenzen.

Um dem Fachkräftemangel im Handwerk langfristig entgegenzuwirken, engagiert sich Biller seit gut einem Jahr bei dem gemeinnützigen Verein TFK – Technik für Kinder und bringt Schülern der 4. Grundschulklasse erfolgreich das Löten bei. „So haben unsere Kinder die Möglichkeit, spielerisch die Welt der Technik zu entdecken. Nur wer seine Talente kennt, kann darauf aufbauen und berufliche Perspektiven entwickeln.“